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Gschichtle von früher



Gschichtle 45:
Luftschutzstollen
von Hubert Ganter
(26.7.08)

"Hans, die treffen sich niemals!!"
Wer wird sich niemals treffen?
Gemeint waren die beiden Stolleneingänge des Eichwälder Luftschutzstollens an der Eichwaldstraße zwischen dem Herrenweg und dem angrenzenden Haus oberhalb und genau gegenüber dem späteren Anwesen der Familie Späth.
Und wer ist Hans?
Mein Vater Johann Ganter wurde "Hans" gerufen und der Ausspruch: "Die treffen sich niemals!" wurde von verschiedenen Eichwäldern mehrmals geäußert, konnte meinen Vater nicht beirren in der Überzeugung es zu schaffen. Er hatte bei diesem großen "Bauvorhaben" die Initiative ergriffen und war auch dafür verantwortlich, dass sich die beiden gleichzeitig angegangenen Stollen nicht nur in der horizontalen, sondern auch in der vertikalen Ebene im Innern des Berges auch tatsächlich treffen. Man denke da nur an die beträchtliche Steigung der Eichwaldstraße.


Ganter "Hans"


Erich Kohler und Walter Ganter transportieren das Material weg
Links am Rand erkennt man das Verkaufshäuschen, im Hintergrund das Zimmergeschäft Schmidt

Mit dem Einverständnis des Waldbesitzer Otto Rettig vom Hungerberg (oberhalb der Kirche) wurde im Spätjahr 1944 mit der Arbeit begonnen. Inzwischen hatten die Luftangriffe der Alliierten auch den ländlichen Raum erreicht und man hatte Angst, dass auch der Eichwald getroffen werden könnte.
Die Werkzeuge waren für heutige Verhältnisse recht einfach, neben Pickel, Meißeln, Schaufeln usw.  hatte man Schubkarren ganz aus Holz mit eisenbeschlagenen Holzrädern und dementsprechend schwer. Der Kompressor und das nötige Pulver für die Sprengungen wurde, so vermute ich, von der Firma Contini zur Verfügung gestellt. Den Abraum kippte man gegenüber über die Böschung genau hinter dem Verkaufshäuschen der Metzgerei Knopf.


Das Verkaufshäuschen zwischen Eichwaldstraße und Herrenweg

Alle Eichwälder Männer und auch Jugendliche halfen mit, auch Herr Pfarrer Schneble beteiligte sich an der schweren Arbeit, bis er eines Montag Morgens nach der Frühmesse an der Baustelle erschien, um bald von herab fallenden Steinen verschüttet zu werden. Ich habe davon an anderer Stelle schon einmal berichtet, weil ich unmittelbarer Zeuge dieses bedauerlichen Unfalls war.
Warum zwei miteinander verbundene Eingänge /Ausgänge?

Ich höre die Diskussion noch heute, ich war zwar noch ein Bub, aber offensichtlich sehr aufmerksam und vor allem überall dabei.
"Wenn eine Bombe fällt kann der Eingang verschüttet werden, wir brauchen unbedingt zwei Ein/Ausgänge!"
Und warum innerhalb des bogenförmig angelegten Stollens noch eine zusätzliche Abzweigung, eine Art Kammer, in die man im Notfall flüchten könnte?
"Wenn eine Bombe fällt entsteht ein gewaltiger Luftdruck, in der separaten "Kammer" wäre man vor dieser tödlichen Gefahr geschützt."

Wie konnte man im Innern des Berges die genaue Richtung und das genaue Gefälle bestimmen?
Und die beiden Stollen trafen sich gegen alle Unkenrufe haargenau und auf gleicher Ebene!
Ich kann mir die Vorgehensweise nur so erklären:
Nach ein paar Metern "Vortrieb" fertigte mein Vater eine genaue Zeichnung in möglichst kleinem Maßstab auf einem großen Bogen Papier an. Nach jedem weiteren Stückchen Vortrieb dasselbe Verfahren, das natürlich bei beiden Stollen. So konnte er auf der Zeichnung den Fortschritt der Sprengungen genau verfolgen und jeweils die richtige Richtung angeben. Wichtig dabei war natürlich genaues Messen, auch der Abstand der beiden Eingänge war genau eingetragen.
Und der Höhenunterschied?
Dasselbe Verfahren. Das Gefälle des einen Stollens und die Steigung des anderen Bauabschnittes wurde mit Hilfe einer Wasserwaage und der jeweils gemessenen Länge genau ermittelt und auf einem zweiten großen Bogen Papier in der Seitenansicht festgehalten. So konnte er genau sehen, wie sich die Stollen aufeinander zu bewegen und die Richtung der nächsten Sprengung festlegen.
Ich gehe davon aus, dass meine obige Ausführung der Wirklichkeit entspricht, denn ich kann mir keine andere Vorgehensweise vorstellen.
Zum Glück mussten wir nie in den Luftschutzstollen fliehen, aber die Eichwälder haben mit dieser großen Anstrengung Gemeinschaftssinn bewiesen und wenn ich heute nach so vielen Jahren noch so etwas authentisch berichten kann, fühle ich mich als "Ureichwälder" mit dem Eichwald verbunden -Dank Internet und Dank Martin.

v.l.n.r. Erich Kohler, Otto Rettig, Walter Ganter, Hubert Ganter,
Josef Seebacher, Lothar Ganter, Adolf  Pfeffinger

v.l.n.r. Walter Ganter, Otto Rettig, Hubert Ganter, Erich Kohler,
Josef Seebacher,  Lothar Ganter

Ergänzung am 22.11.08

Nur noch ein Teil der beim Zimmergeschäft Schmidt gefertigten sehr starken Holzbohlen wurde auch wirklich
verbaut. Der größere Teil der vorgefertigten Teile wurde für die verschiedensten Zwecke verkauft.
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Wie sieht es heute aus ?

Garageneinfahrt zum Haus Späth - hier stand früher das Metzger-Verkaufshäuschen


Hier befinden sich etwa die beiden in den 80ern zugeschütteten Eingänge des Stollens.
Man sieht allerdings noch an den Spitzen der Eingänge in den Stollen. Dort haben Fledermäuse
einen tollen Ruheplatz.


Eichwaldstraße im Bereich des früheren Luftschutzstollens.

siehe auch Geschichte des Eichwaldes



Aus "Gschichtle" wird "Geschichte" Kriegsende 1945 im Eichwald -von Hubert Ganter

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