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Gschichtle von früher



Gschichtle 98:
Von den kleinen und großen "Geschäften" des Alltags
 von Hubert Ganter
(1.8.09)


Es handelt sich bei dieser zurückschauenden Betrachtung keineswegs um eine "anrüchige" Angelegenheit, auch wenn sie naturgemäß und ganz zwingend etwas mit Geruch zu tun hat.
Wie komme ich gerade jetzt auf ein solches Thema?
Ich wundere mich selbst darüber, auf welche Gedanken ich gelegentlich komme und sie auch noch, wie ihr verfolgen könnt, niederschreibe und sie euch zur Verdauung präsentiere.

Ich bin zur Zeit auf der Suche nach einem kleinen Schrebergarten. Dass er fließendes Trinkwasser, einen Stromanschluss und eine gute Zufahrt haben und sich auch noch in bequemer "Fahrradnähe" befinden muss ist selbstverständlich. Ein schönes, gemauertes Häuschen dazu ist auch noch eingeschlossen.
Häuschen!

Das Problem beginnt mit den o.g. "Geschäften"!
Einige Anwesen haben tatsächlich eine richtige Grube und damit ein modernes WC, andere behelfen sich mit einem Chemieklo.
Nur mal schnell hinter die Büsche gehen geht nicht! Denn "hinter den Büschen" bedeutet für den Nachbarn "vor den Büschen!  "Es sei denn, der Garten wäre so groß wie der unseres Nachbarn, auf dem locker gleich mehrere Familien zelten könnten, eine ganze Volleyball-Mannschaft sich austoben könnte und auch eine recht große Gesellschaft, wie auch schon geschehen, eine Party schmeißen könnte. Hinter dem Schilf eines Fischteiches würde sich sicher ein Plätzchen finden.

Jetzt zum Eichwald und seinen kleinen und großen Geschäften:
Nicht immer gab es eine Kanalisation und moderne, effektiv arbeitende Kläranlagen.

"Müssen" musste man aber auch früher  -  aber musste man deswegen alles in den Bach leiten?  teilweise schon!
Aber alle Bedenken ob der damaligen Verhältnisse sind unbegründet. Das Wasser im Bach war trotz der unzähligen Einleitungen so sauber, dass wir Kinder bedenkenlos darin baden konnten - und nicht wir Kinder, auch viele Erwachsene nahmen ein erfrischendes Bad im Bach (siehe Gschichtle Nr.42).

Ich versuche nun, diese heikle Sache zu erklären:
Jedes Anwesen hatte eine eigene Hauskläranlage. Diese bestand im Wesentlichen aus zwei miteinander verbundenen Kammern. Während die erste Kammer in bestimmten Zeitabständen entleert werden musste war die zweite Kammer über mehrere Jahre absolut betriebsbereit und musste nur gelegentlich "gewartet", sprich gereinigt werden. Dafür war ich als der Jüngste und damals der Kleinste der Brüder am besten geeignet!
Genaue Angaben über die Arbeitsweise dieser Kläranlagen findet man auch im Internet nicht. Ich beschreibe also alles so, wie ich es noch weiss.
Das Abwasser, ich meine jetzt vor allem das aus dem WC, wurde direkt in die erste Grube, in die Abortgrube, geleitet, die sich mit der Zeit füllte, Die Trennwand zwischen den beiden Kammern reichte nicht bis ganz oben, sie hatte am oberen Rand kleine Überlaufrillen (Kerben), über die die "flüssige Fraktion" laufen, sprich rieseln konnte, während sich die "feste Fraktion" in der ersten Kammer mehr oder weniger schnell absetzte.
Die zweite Kammer war mit Koks gefüllt.

Da der Koks aufgrund seiner Struktur eine ungewöhnlich große Oberfläche hat, konnten sich dort Milliarden von Bakterien verschiedenster Art ansiedeln und ihr Werk vollbringen.
Übrigens ist die Wirkung von Kohle z.B. bei Durchfallerkrankung allen bekannt. Das so vorgereinigte Abwasser wurde in einem Rohr in den Bach geleitet, wo sich ein ähnlicher Abbau der noch enthaltenen Stoffe abspielte.

Der Bach als solcher also vollzog eine weitere Reinigung, begünstigt durch den extrem hohen Sauerstoffgehaltes des fließenden Wassers, zu erkären durch den natürlichen Wasserlauf über unzählige Steine, dadurch jeweils kleinste "Wasserfälle", durch Strömungen, auch durch den üppigen Pflanzenwuchs entlang des Baches. Man denke dabei auch an ganz moderne Kläranlagen, die ausschließlich mit der Reinigungskraft bestimmter Pflanzen arbeiten und sehr gute Ergebnisse erzielen.
Man vergleiche einmal mit der Einleitung von Frischwasser in professionell angelegte Fischteiche. Das Wasser läuft nicht einfach in Rohren in die Teiche, sondern man erzeugt extra "Kaskaden" zur Sauerstoff-Anreicherung im Wasser. Diese günstigen Voraussetzungen brachte der Bach von vorn herein schon mit.

Natürliche Sauerstoffanreicherung

Was aber mit der ersten Kammer?
Da blieb nur "Ausschöpfen" als einzige Lösung des Problems, nicht Auspumpen, womit auch?
Das nötige "Handwerkszeug":
ein Ständel   -    haargenau wie bei der Weinlese
ein Gestell    -    haargenau wie bei der Weinlese

Ständel zum Umhängen

ein Schöpfeimer an einem langen Stiel.

Verzinkter Schöpfeimer (Stiel fehlt)

Jetzt keine Vergleiche mehr mit der Weinlese!
Und ein Mann, der bereit ist, das für die verschiedenen Haushalte auch zu tun. Wenn ich mich recht entsinne hieß er Steidel?, war sogar etwas gehbehindert, und nahm diese schwere Arbeit, natürlich im Winter, auf sich.
Er kam zu uns in den Hof, stellte das Ständel auf das Gestell, öffnete den rechteckigen Grubendeckel und begann mit seiner nun wirklich mit etwas Geruch behafteten Arbeit.
Wohin damit?
Es gab zwei Möglichkeiten.
Entweder über das Gelände Fellmoser zum "Schlittenbuckel" und Umgebung

Schlittenbuckel

oder der Pfarrmauer entlang zum heutigen Schulgelände. Es bestand damals ein sog. Wegerecht für dieses unerschlossene Wiesengrundstück.

Frühere Wiese - heutiges Schulgelände

Wenn die Reinigung der zweiten Kammer der Kläranlage anstand, war ich an der Reihe. Ich stieg in die etwas streng riechende Grube und schöpfte den gesamten Koks heraus, damit er mit einem harten Wasserstrahl von groben Bestandteilen gesäubert werden konnte. Nicht von Bakterien! Erstens geht das nicht und zweitens werden diese bereitwilligen Helfer dringend gebraucht. Der so gewaschene Koks kam in die zweite Kammer zurück und die Kläranlage war wieder topfit!
Meine einfache Skizze soll den Aufbau einer solchen Kläranlage, wie sie bei allen Häusern zu finden war, nochmals deutlich machen.

Vielen Dank an Hubert !



Gschichtle 99:
Von Gugumern, Hunk und anderen Spezialitäten
 von Hubert Ganter
(8.8.09)
 
 

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