www.eichwaelder.de

Serie:
"Bühlertäler des Monats"
August 2010



Wir stellen Mitbürgerinnen und Mitbürger vor:
Engelbert Seeger
(4.8.10)
Vorgestellt von Elvira Frey



In diesem Monat wollen wir einen waschechten „Untertäler“ vorstellen. Engelbert Seeger  wurde im November 1921 im Zinken Liehenbach geboren. Als viertes von insgesamt 5 Kindern der Familie Seeger wuchs er in der elterlichen Bäckerei auf. In diesem Anwesen in der Liehenbach lebt er seit jeher - bis zum heutigen Tag.


Engelbert Seeger mit Mutter und Vater

Voller Vitalität und Lebensfreude genießt Engelbert Seeger im Kreise seiner Familie den Ruhestand, doch nicht immer ist das Leben  einfach gewesen. Geprägt durch harte Arbeit und die entbehrungsreichen Jahre des 2. Weltkrieges, erzählt er uns seine Geschichte.
Seit 1870 war das spätere Anwesen der Familie Seeger eine Bäckerei. Doch erst im Jahre 1912 kam diese in Familienbesitz. „Früher“, so erzählt uns Herr Seeger „mussten viele Handwerksgesellen auf Wanderschaft gehen, um Erfahrungen zu sammeln, neue Eindrücke zu gewinnen und auch um Arbeit zu finden.“ So erging es auch seinem Vater Didakus Seeger, der in Hausen bei Sigmaringen ansässig war.
Eines Tages kam dieser nach Bühlertal und war nun als Bäckergeselle in der Bäckerei Lamprecht in der Untertäler Hauptstraße tätig. Bald darauf lernte Didakus seine spätere Ehefrau Maria Braun kennen, die aus  der Liehenbach stammte. Sie heirateten im Jahre 1912 und erwarben auch im selben Jahr die Bäckerei samt Anwesen in der Liehenbachstraße. Aus der Ehe gingen insgesamt 5 Kinder hervor. Engelbert hatte drei ältere Schwestern und einen älteren Bruder.


Das Anwesen in der Liehenbach

Als Kind, so schildert uns Herr Seeger, musste man schon viel mithelfen, man wuchs quasi in der Backstube mit auf.  Außerdem gehörte noch eine kleine Landwirtschaft dazu, so gab es einiges an Vieh zu versorgen.
Im Jahre 1927 wurde Engelbert eingeschult, das Schulhaus war nicht sehr weit von seinem Elternhaus entfernt und gut zu Fuß zu erreichen. Zur damaligen Zeit mussten schließlich  Kinder oft sehr weite Schulwege in Kauf nehmen.
Nachdem die 8jährige Schulzeit beendet war, arbeitete Engelbert Seeger einige Zeit  im Geschäft daheim mit, bevor er 1936  zu Bäckermeister Scheurer nach Ottersweier in die Lehre kam. Er wollte genau wie sein Vater das Bäckerhandwerk erlernen. Das Anwesen in Ottersweier befand sich in der Hauptstraße, heute existiert die Bäckerei aber nicht mehr. Engelbert Seeger wohnte auch bei seinem Lehrmeister und verdiente 1 Reichsmark in der Woche, hatte aber -wie damals üblich- Kost und Logie frei. In der Bäckerei Scheurer arbeitete außer ihm und dem Bäckermeister noch ein weiterer Geselle.
Im Jahre 1940 kehrte Engelbert Seeger wieder nach Bühlertal zurück in die eigene Bäckerei, die der ältere Bruder, der auch das Bäckerhandwerk erlernt hatte, führte. Vater Didakus war in der Zwischenzeit verstorben.

Engelbert Seeger 1940 vor dem Geschäft
Im Jahre 1940, der 2. Weltkrieg war bereits ausgebrochen, kam Herr Seeger zum Arbeitsdienst nach Langensulzbach im Elsass. Dieser Dienst dauerte ca. 4 Monate und es galt, Stellungen der Franzosen  einzureißen. Danach musste er nach Baden-Oos zum Militärdienst und wurde zum Soldaten der Infanterie ausgebildet. Im Spätjahr ging es weiter nach Lunoville bei Nancy in Frankreich
Im Frühjahr 1941 musste Engelbert Seeger nach Leningrad in Russland an die Front, wo er im Jahre 1942 schwer am Kopf verwundet wurde. Der Splitter einer Granate traf ihn auf der Stirn und er kam zunächst ins Lazarett.
Diese Verwundung hätte ihn beinahe das Leben gekostet, so schildert er uns die schlimmen Ereignisse, und es grenze an ein Wunder, dass er diese Kriegsverletzung überlebt habe. Im Zug wurde er vom Lazarett nach Donaueschingen überführt und von dort aus sei er nach Freiburg gekommen. Viele Operationen seien notwendig gewesen, bis alles wieder so gut verheilt war, so dass er 1943 aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte

Wieder daheim in Bühlertal  in der Liehenbach musste er feststellen, dass die Bäckerei brach lag. Auch hier hatten die Kriegsjahre ihre Spuren hinterlassen. Der ältere Bruder war im Krieg gefallen. Doch Engelbert nahm den Betrieb im selben Jahr  zusammen mit einer Hilfskraft  in der Backstube und seinen beiden Schwestern Erna und Martha im Laden wieder auf. Nur ein Jahr später 1944  verstarb die Mutter Maria an einer Lungenentzündung.
Nach diesen Schicksalsschlägen entschloss sich Herr Seeger, die Meisterprüfung anzugehen. Der Meisterkurs dauerte ein Jahr und wurde in der Gewerbeschule in Bühl abgehalten. Dorthin fuhr Engelbert jeden Tag um 11 Uhr mit dem Fahrrad, nachdem er zunächst in der Nacht  seine Arbeit in der Backstube erledigt hatte. Ein sehr schweres Jahr sei das gewesen, das Geschäft und die Meisterschule. Jeden Tag die doppelte Arbeit und lernen musste man ja auch noch. Doch 1947 hatte er seinen  „Bäckermeister“ in der Tasche.
Nun war es an der Zeit, sich um andere wichtige Dinge zu kümmern, die Gründung einer eigenen Familie. Im Jahre 1950 lernte er seine spätere Frau Thekla Seiter kennen, die aus Neuweier stammte und in der „Traube“ in Neuweier als Bedienung arbeitete.
Und so heiratete er 1951 seine Thekla in der Wallfahrtskirche Maria Linden in Ottersweier. Das Fest aber fand daheim im Haus in der Liehenbach statt, Platz war genügend vorhanden.


Thekla und Engelbert Seeger bei der Hochzeit 1951

Nun führten sie gemeinsam das Geschäft, und seine Frau unterstützte ihn bereits nachts in der Backstube, bevor sie den Haushalt meisterte und den Tag über im Laden stand, um Backwaren und Lebensmittel zu verkaufen. Auch die beiden Töchter, die aus der Ehe hervorgingen, mussten im Laden mithelfen.


Engelbert und Thekla Seeger im Geschäft

Über 40 Jahre stand Engelbert Seeger in der Backstube, trotz schwerer Kopfverletzung, bis im Jahre 1982. Ein Jahr später wurde auch das Geschäft geschlossen. Brot, Brötchen, Brezeln, ….. das ganze Sortiment halt, süße Backteile und auch eine eigene Nudelherstellung habe es gegeben.

Das Geschäft in der Liehenbach vor und .....


.....nach dem Umbau.

Auf unsere Frage hin, wie es denn mit Urlaub so ausgeschaut hat, antwortet er: "Urlaub hat es nie gegeben." Als es den Laden nicht mehr gab, seien sie mit dem Bus mal 2-3- Tage fort gefahren. Im Mai 2001 konnte das Paar die goldene Hochzeit feiern.


Goldene Hochzeit im Mai 2001

Engelbert und besonders seine Frau Thekla (sie verstarb 2008) liebten den Garten und die Blumen. Hinter dem Haus, das inzwischen von seinen Nachkommen mehrmals umbaut wurde, blüht es in den schönsten Farben - hier er fühlt er sich so richtig wohl.
Und er fährt gerne mit dem Fahrrad in sicheren Gefilden in Bühlertal, dazu hat er ein ganz neues, modernes Fahrrad mit einem Hilfsmotor. „Das erleichtert doch etwas die Steigungen“, meint er.
Als seine 4 Enkelkinder noch kleiner waren, sei er viel mit ihnen in den Wald gegangen und in die Natur und habe ihnen alle möglichen Fragen, die sie dort gestellt haben, beantwortet. Engelbert Seeger singt sehr gerne und spielt Mundharmonika. Und ein weiteres Hobby ist auch der Hornschlittenclub, dessen Ehrenmitglied er ist. Wichtig ist sein wöchentlicher Kirchgang, auch die Untertäler  Michaelskirche ist ja nicht weit weg und er kommt gut zu Fuß dahin.


Auf dem Hornschlitten unterwegs - Engelbert Seeger in den 50ern


Zum Ehrenmitglied des Hornschlittenclubs ernannt: Engelbert Seeger

Herr Seeger hatte ein arbeitsreiches Leben, verlor beide Eltern recht früh, der Bruder fiel jung im Krieg, er selbst trug eine schwere, lebensbedrohliche Kopfverletzung davon, besaß viele Jahre eine eigene Bäckerei und die Verantwortung dafür und ist heute mit beinahe 89 Jahren äußerst  vital, rüstig und voller Lebensfreude.
Im Kreise der Familie seiner Tochter Beate ist das auch kein Wunder, denn dort hinter dem Haus taucht man ein in eine echte Wohlfühloase  mit vielen Blumen und Bäumen.
Zum Schluss möchte uns Herr Seeger noch sein Lebensmotto mit auf den Weg geben:
„Die Ruhe ist dem Menschen heilig, nur Verrückte haben´s eilig.“
An Ende des Interviews danke ich  Herrn Seeger dafür, dass er bereit war, uns aus seinem Leben zu erzählen und mitgemacht hat beim Bühlertäler des Monats. Alles Gute und weiterhin viel Freude mit den Hobbys.


Engelbert Seeger im Kreis der freunde des Hornschlittenclubs

Elvira Frey, August 2010

Vielen Dank an Engelbert Seegerund Elvira Frey!


Monat 2-09 (Gaby Frey)
Monat 3-09 (Fritz Kögel)
Monat 4-09 (Berthold Fritz)
Monat 5-09 (Rowald Lamprecht)
Monat 6-09 (Siegmund Rieger)
Monat 7-09 (Marianne Degler)
Monat 8-09 (Rolf Fritz)
Monat 9-09 (Stefan Kumm)
Monat 10-09 ("Schäfers Lina" - Lina Lohmüller)
Monat 11-09 (Fahrlehrer Rolf Schulz)
Monat 12 - 09 (Franz Müll)
Monat 2 - 10 (Günter Seebacher)
Monat 3- 10 (Kurt Bauer)
Monat 4 - 10 (Bernhard Hönig)
Monat 5 - 10 (Klaus Hundsdörfer)
Monat 8-10 (Engelbert Seeger)
Monat 11-10 (Norbert Meier)

   zurück zur Startseite

Archiv
 

 HOME (www.eichwaelder.de)